Zauberhafte Handgeschichten

Leseprobe 01

Die Wohlfühlzauberbank 04

„Ach, es ist so wunderschön auf dieser Bank“, freut sich die eine Dame und die andere nickt. „Du hast recht! Es ist mir ganz leicht und hell ums Herz geworden, wie schon lange nicht mehr“, sagt sie. „Wisst ihr was“, sprudelt es jetzt aus Kimjackin heraus, der das Geheimnis nicht länger für sich behalten kann, „es ist ja auch eine ganz besondere Bank, auf der ihr gerade sitzt. Sie ist nämlich eine Wohlfühlzauberbank.“ Kimjackins Mutter ist erstaunt darüber, wie selbstverständlich er das einfach behauptet, wie felsenfest er davon überzeugt ist, obwohl sie sich doch nur ausgedacht haben, wie es wohl wäre, wenn ihr Wunsch für andere Menschen, die auf dieser Bank säßen, in Erfüllung ginge. Ich aber finde es super, wie er an seine Wünsche glaubt. Hi-Hui flüstert mir zu: „Schau mal genau hin, wie die Menschen sich verändern!“ Dass diese Bank eine Wohlfühlzauberbank ist, haben die Damen aber noch gar nicht so richtig begriffen. Sie fühlen sich einfach

Annelie Staudt: Zauberhafte Handgeschichten

1. Auflage, Dezember 2019

Softcover, A5

104 Seiten

ISBN 978-3-943313-15-4

Annelie Hansen: Zauberhafte Handgeschichten

14,95 €

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verzaubert an diesem Platz, und ihnen laufen in ihrer Erleichterung ein paar Freudentränen über ihre Wangen. Ich frage Hi-Hui, wie sie wissen kann, was die alten Damen sich im Innersten gewünscht haben. „Die geheimsten Wünsche“, sagt sie, „stehen ja in ihren Herzen geschrieben. Ich kann Herzenswünsche lesen und erfüllen. Weil die alten Damen selbst immer Gutes getan haben, ist es für mich leicht, ihre Herzenswünsche zu entziffern und zu erfüllen.“ Eine der beiden Damen ruft plötzlich: „Hört ihr das? Hört doch, wie schön die Vögel singen! Hört doch, ist das nicht wunderbar? Oh, sie singen so wunderschön, wie ich sie schon seit Jahren nicht mehr gehört habe. Und hört doch mal den Wind! Er säuselt in den Bäumen, die Blätter rascheln und die Bienen summen in den Blüten. Oh, wie wunderbar, möge es doch nie wieder verklingen! Dem lieben Gott sei Dank für dieses Geschenk! Ein Wunder, ich kann wieder hören!“ Dass sich Kimjackin und seine Mutter mitfreuen, könnt ihr euch sicherlich denken. Überglücklich stehen die beiden Damen von der Bank auf und bedanken sich ganz herzlich dafür, dass sie auf der schönen Bank sitzen durften. Wie verwandelt gehen beide ihres Weges. Sie schauen sich noch einmal um und winken. „Du hast Recht, mein Kleiner“, sagt Kimjackins Mutter nun erstaunter als noch zuvor, „das ist eine Wohlfühlzauberbank.“ Und die Damen, die eben noch auf der Bank im Park gesessen hatten, erzählen nun jedem, den sie unterwegs treffen, von ihrem wunderbaren Erlebnis auf der bunten Bank im Park, wo sie sich zauberhaft wohl gefühlt haben. Ihr könnt es euch schon denken, nicht wahr? Es dauert nicht lange, und es kommen immer mehr Menschen zur Bank. Alle wollen sie jetzt auch die Bank sehen und natürlich auch auf ihr sitzen. Viele, viele Menschen kommen und sehen es mit ihren eigenen Augen, dass die Menschen, die auf der Bank gesessen haben, diese zufrieden und glücklich verlassen. Manche Besucher warten bereits ungeduldig auf einen freien Platz und drängeln sogar. Kimjackins Mutter steht auf und setzt ihren Sohn enger an das kleine, etwas traurige Mädchen heran, um etwas mehr Platz zu schaffen für einen Mann, den offenbar schreckliche Schmerzen in seinem gebeugten Rücken plagen. Sie selbst setzt sich neben die Bank ins Gras. „Danke für den Platz“, sagt der Mann und setzt sich auf die Bank, wobei sich sein Gesicht augenblicklich entspannt. In kürzester Zeit erholt er sich von seinem Leiden. Mit einem Gesichtsausdruck, der verrät, dass er etwas Unfassbares erlebt hat, steht er von der Bank auf, kniet sich vor ihr nieder und dankt Gott von Herzen für seine Heilung. Mutter und Sohn freuen sich sehr, dass ihre Wohlfühlzauberbank so gut funktioniert. Kimjackin und das kleine Mädchen stehen nun auch auf, um für die wartenden Menschen Platz zu machen. Etwas abseits der Bank setzen auch sie sich ins Gras. Das Mädchen, das mit ihm zusammen bereits eine ganze Weile auf der rot-weißen Bank gesessen hatte, erzählt ihm nun, was sie auf der Bank gesehen und erlebt hat. „Ich kann mich endlich wieder freuen“, sagt sie und strahlt dabei über ihr ganzes Gesicht. Sie sei sehr traurig in den Park gekommen, erzählt sie, weil ihre Mama vor einiger Zeit gestorben sei. Ihr Papa müsse jeden Tag arbeiten gehen und sie sei tagsüber bei ihrer Oma, die hier in der Nähe des Parks wohne. Ab und zu erlaube sie ihr, im Park spielen zu gehen. Doch im Grunde genommen komme sie gar nicht zum Spielen in den Park, sondern nur, wenn sie traurig sei und wieder weinen müsse. „Weißt du, die Oma ist so sehr lieb“, sagt sie, „sie soll es nicht merken, wenn ich traurig bin, weil sie dann doppelt traurig ist, denn sie hat doch auch meine Mama verloren. Oma ist doch die Mutter meiner Mama gewesen, sie ist ja auch sehr traurig, weil sie ihr Kind verloren hat und dann tut ihr das auch noch doppelt weh, dass ich meine Mama verloren habe.“ Das Mädchen berichtet erleichtert, dass sie, als sie auf der Bank saß, ein wunderbar helles Leuchten in den Baumwipfeln gesehen habe, das zu einem leuchtenden Engelwesen geworden sei. Der Engel habe sehr liebevoll mit ihr gesprochen. „Hallo, geliebte kleine Sanika“, habe der Engel gesagt, „ich grüße dich aus der Liebe, dem Licht meines Seins. In deinem Herzen habe ich den Schmerz und die Traurigkeit über den Verlust deiner geliebten Mama wahrgenommen. Ich möchte dir jetzt etwas mitteilen, damit du nicht mehr ganz so traurig bist. Du kannst mich doch jetzt sehen, nicht wahr?“ Sie sei sprachlos gewesen, aber habe in ihrem Herzen seine Frage mit „Ja“ beantwortet, sagt Sanika. „Sanika, geliebtes Kind, ich bin dein Schutzengel, der dich in deinem Leben auf der Erde begleitet und behütet, egal, wo du hingehst oder was du gerade tust, ob du wach bist oder schläfst, ob du traurig bist oder froh, ich bin immer an deiner Seite. Du hast es vielleicht nicht bemerkt, aber heute habe ich dir einen Gedanken ins Herz gegeben, den Gedanken, in den Park zu gehen, damit du diese schöne bunte Bank findest. Erst auf dieser Bank wurde es möglich, dass du mich erkennst. Nun bist du hier und ich kann mit dir sprechen und du kannst mich hören und sehen. Ich, dein Engel, kann in dein reines und liebevolles Herz sehen und weiß deswegen auch, wie es darin aussieht. Weißt du, dass ich deine Mama schon sehr lange kenne? Übrigens hat auch sie stets einen schönen und lichtvollen Engel an ihrer Seite, der sie begleitet und beschützt. Euch beide habe ich schon begleitet, als du noch im Bauch deiner Mama zu Hause warst, bevor sie dich geboren hat. Schon lange bevor du geboren wurdest, konntest du dein zukünftiges Leben auf der Erde selbst mitbestimmen: Wo du leben wolltest, welche Mama, welchen Papa, welche Oma du haben wolltest, alles, was du in deinem Erdenleben einmal lernen und vollbringen wolltest, wenn du als Kind deiner Mami und deines Papas aufwachsen würdest. Ich war immer an deiner Seite, wir konnten uns über alles, was ein Leben auf der Erde bedeutet, unterhalten und verständigen. Nun ist es aber so, dass die meisten Menschen all das wieder vergessen, wenn sie geboren sind. Viele Menschen glauben nicht einmal, dass es Engel gibt. Aber alle Menschen haben mächtige Engel an ihrer Seite. Du, Sanika, kannst mich heute sehen, mit mir sprechen und mich hören, weil du auf dieser schönen Bank gesessen hast. Darum kannst du später den anderen Menschen erzählen, dass es Engel gibt, auch wenn sie nicht an sie glauben. [...] (mehr)