Das Yoga des Christus - Kapitel 1

(Leseprobe 06)

Am nächsten Tag erreichten wir das Kloster Drepung, das größte Kloster der Welt. Mein Freund war mit den Äbten dort gut befreundet und wir wurden sehr willkommen geheißen. Mein Freund erzählte ihnen von meinem Werk und warum ich in Tibet war, und das erweckte großes Interesse unter den Äbten. Ich wurde einem Lama namens Mundu vorgestellt (so sprach sich der Name). Er war in Indien ausgebildet worden und nach England gegangen, um Ingenieurwesen im Bergbau zu studieren. Mundu war ein reizender Gefährte. Er sprach ein exzellentes Englisch und wir führten viele geistreiche Gespräche miteinander.
Mich erstaunte die Größe des Drepung-Klosters. Es ist eine große in sich geschlossene Stadt, die mehr als 9000 Lamas beherbergt. Die Haupthalle fasste mehr als 6000 Lamas. Die Gebetsmühlen waren die größten, die ich in Tibet gesehen habe; sie waren ungefähr drei Meter dick und bewegten sich auf Kammrädern. Über

Murdo MacDonald-Bayne: Das Yoga des Christus

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3. Auflage Nov. 2014, Softcover, A5, 204 Seiten, ISBN 978-3-943313-22-2 

Buch, 204 Seiten

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einen Griff wurde ein großes Rad bewegt, das wieder andere Räder in Gang setzte, die mit Leichtigkeit das ganz große Rad bewegten. Nach jeder Umdrehung der Gebetsmühle erklang ein Gong, der in der ganzen Eingangshalle zu hören war; das war ein Zeichen dafür, dass einem die Sünden vergeben waren.
Das Rituelle und das Drum und Dran entsprach etwa dem der anderen Klöster, die ich in meinem Buch Jenseits des Himalaya erwähnte.
Ich genoss eine komfortable Unterkunft und ein gutes Essen. Wir blieben in Drepung nur einen Tag und eine Nacht, da wir so schnell wie möglich in die Zuflucht meines Freundes nach Zamsar wollten.
Wir entschieden, dass wir unsere Zeit nicht mit Funktionären verschwenden würden, deshalb kamen wir überein, nach einem Besuch des Potala in Lhasa weiterzureisen. Die Äbte waren über unsere Entscheidung erstaunt. Die Bürokratie war für sie sehr wichtig, doch für uns stellte sie bloß eine Zeitverschwendung dar.
Als wir den Torweg nach Lhasa erreichten, stießen wir auf einen Schwarm Bettler. Sie saßen mit herausgestreckten Zungen am Straßenrand – zum Zeichen ihres Dankes für die Gabe, die sie zu bekommen erwarteten.
Diese Bettler sind Profis und würden sich nicht dazu herablassen, eine andere Arbeit zu verrichten. Sie werden von den Banditen angeführt, von denen ich Ihnen in meinem Buch Jenseits des Himalaya erzählt habe. Sie glauben tatsächlich, dass Banditentum und Betteln Beschäftigungen ehrenwerter Männer sind.
Wenn man von den Außenbezirken Lhasas auf den Potala blickte, dann sah er mit seinen in der Sonne glitzernden, goldenen Dächern majestätisch aus. Er steht auf einem mächtigen Felsen, auf dem er vor vielen Jahrhunderten siebzehn Stockwerke hoch erbaut wurde, lange bevor man von Amerika überhaupt gehört hatte. Ja, der Potala ist das vielleicht größte Einzelgebäude der ganzen Welt.
Wir gingen mit einer schriftlichen Erlaubnis zum Potala. Der Regent war damals angeklagt. Der Dalai Lama befand sich zu jener Zeit im indischen Darjeeling, weil er um sein Leben hatte bangen müssen. Ich sah die meisten der herausragenden Dinge, samt des Garden of Mystics, das Grab des Dalai Lama etc., seinen Thron und viele andere wichtige Dinge, die ihre Religion ausmachen, an der ich sehr interessiert war; wohl wissend, was Religion ist und dass all das geschaffen worden war, um Eindruck zu schinden. [...] (mehr)