Jenseits des Himalaya - Kapitel 1

(Leseprobe 10)


Ich konnte nun mehr verstehen als ich jemals in all den Jahren meines Lebens verstanden hatte. Ich fühlte die Freude in Freiheit zu leben. Ich konnte es nicht in Worte fassen – es gab etwas Wirkliches, das ich nicht definieren konnte, aber ich wusste, dass ich lebendig war, dass das, was ich in meinem Denken produzierte, nicht die Wirklichkeit war.
Die Schaffenskraft war innen und nun konnte ich sie sich selbst ausdrücken lassen, und je freier ich von Glaubensvorstellungen wäre, von Systemen und von Ideen, desto größer würde sie werden. Das konnte ich jetzt erkennen! Das war die Freude und ich konnte mich nicht bremsen. Er sah es, denn er sagte mit seiner lieblichen Stimme:
„Sohn, das ist alles, was es gibt.“
„Ja“, sagte ich, „meine Meditation war bloß eine Form von Selbst-Isolation, in der ich meine privaten Erinnerungen trug, meine privaten Erfahrungen, die ich nicht verstanden hatte. Ich weiß nun, dass mein Denken

Murdo MacDonald-Bayne: Jenseits des Himalaya

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3. Auflage April 2014

Softcover, A5 

212 Seiten

ISBN 978-3-943313-88-8

Buch, 210 Seiten, Jenseits des Himalaya

28,00 €

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nie frei von jener Konditionierung sein konnte, bevor ich sie verstand.“
„Ja“, sagte er, „lass es mich mal so sagen, du hast dein Denken durch die ständige Wiederholung von Worten in einen Zustand der Selbst-Hypnose gezwungen. Aber das Denken, das in jenen Zustand gezwungen wird, ist tot. Eine wirkliche Meditation ist ein wahrer Ausdruck des Lebens. Du hattest dein Denken bloß abgestumpft und als der Zustand endete, war deine Konditionierung noch offensichtlicher, oder?“
Ich wusste, dass es zutraf. Warum hatte ich das nicht vorher erkennen können? Ich dachte nach. Wieder wusste ich, dass er meine bloßen Gedanken las.
„Ja“, fuhr er fort, „du musst die Wege des Ichs erkennen, deine Gedanken, indem du ihrer unpersönlich gewahr bist, dich in deiner Beziehung zu anderen betrachtest und dabei die Dinge, über die du sprichst, gerade so, als ob du einen Anderen beobachtest. Dort, in diesem Zustand, liegt der Widerhall deiner Konditionierung, die du vorurteilsfrei, furchtlos und unkonditioniert beobachten kannst. Auf diese Weise wirst du dich selbst entdecken, du wirst sehen, wie du dich selbst durch deine Furcht, deine Verurteilung, deine Kritik und deinen Widerstand konditioniert hast, denn das ist die Vorgehensweise des Ichs.
In dieser Freiheit kommt es weder zu Konflikten noch zu Illusionen. In diesem Prozess kommt es zu wahrer Meditation.“
Dann sagte ich: „Ich erkenne, dass die Freiheit, die die Wahrheit ist, nicht durch die Suche nach ihr ins Sein gelangt, sondern durch das Verstehen der gesamten Struktur des Ichs mit all seinen Sehnsüchten und Vorurteilen, seiner Konditionierung und seinen wertgeschätzten Illusionen, und wenn diese erkannt und verstanden sind, lösen sie sich auf und was übrig bleibt, ist die Wirklichkeit – das wirkliche Ich.“ [...] (mehr)